Was ist Künstliche Intelligenz?

Dieser Artikel bietet einen Überblick über die Varianten Künstlicher Intelligenz.

Ronald Derler
5 min readJan 7, 2018
Künstliche Intelligenz auf Medium.com, von Ronald Derler

Auch nach über 60 Jahren Forschung zum Thema gibt es keine allgemein anerkannte Definition von Künstlicher Intelligenz und durch unterschiedliche Faktoren gewinnt Künstliche Intelligenz in den letzten Jahren gewaltig an Aufmerksamkeit. Die gängigen Abkürzungen KI, AI, CI (für die englischen Bezeichnungen “Artificial Intelligence” und “Computer Intelligence”) sind mittlerweile allgegenwärtig und dennoch wissen nur wenige, worum es geht. Ein Universitätsprofessor definierte KI in seiner Vorlesung zu Künstlicher Intelligenz kürzlich so: “KI ist ein Teilgebiet der Informatik.” Viel weiter ließ er sich nicht darauf ein. Oft und auch von ihm wird das gerne damit begründet, dass es auch keine allgemein annerkannte Definition von menschlicher Intelligenz gibt. Doch das bringt uns in der Sache nicht weiter und deswegen beginnen wir mit einer kurzen Überlegung:

Eine weitgehend akzeptierte Regel besagt, dass Intelligenz das ist, was Intelligenztests messen. Gut, aber was ist denn das?
In gängigen Tests geht es um das autonome Analysieren von Fragestellungen (Problemen) und Lösen derselben. Das erlernete Wissen um Mathematische Regeln, Geometrie und Sprache tritt in den Hintergrund. Wissen hat ja auch mehr mit Bildung zu tun und nur in Grundzügen mit Intelligenz. Auch sind die Testst so aufgebaut, dass sie weitgehend unabhängig von der Leistungsfähigkeit der Sinnesorgane funktionieren und die motorischen Anforderungen zum Lösen der Tests sind minimal. Damit beschränken wir uns auf Aufgaben die das Gehirn völlig Autonom lösen kann. Ob Fantasie dabei eine Rolle spielt, lassen wir an dieser Stelle unberücksichtigt, jedenfalls ist es mehr als bloße Logik.

Wen wir das nun auf KI übertragen, wäre KI jede Maschine, die Probleme autonom erkennen und passende Lösungen finden kann. Ich denke, damit kommen wir schon mal recht weit.

Die Varianten der KI und Beispiele:

Stufe 0 Keine KI nach unserem Verständnis wären Maschinen, die bloßen Anweisungen folgen. Ein Computer, der Text auf einem Bildschirm anzeigt, den ein Mensch über eine Tatstatur eintippt, erbringt zwar eigenständig Rechenleistung, diese dient aber nicht dazu, Probleme zu lösen. Diese Berechnungen sind vielmehr Selbstzweck, damit die Maschine überhaupt ihre Tätigkeiten verrichten kann.

Stufe I a) Würden wir das vorherige Beispiel um eine Rechtschreibprüfung erweitern, könnten wir KI Stufe I annehmen. Denn dafür ist bereits erforderlich, dass der Computer eigenständig den Text mit einem Datensatz vergleicht und feststellt, ob eine Übereinstimmung vorliegt. Die KI kann zwischen richtig und falsch unterscheiden und uns das Ergebnis wiedergeben. Dies ist eine erste autonome Problemlösung, nach einem vorgegebenen Regelwerk. Heute halten wir das nicht mehr für besonders intelligent, vor 60 Jahren hätten wir das aber wohl noch anders bewertet.

Stufe I b) Während die Rechtschreibprüfung vom Computer lediglich einen Abgleich mit einer vorhandenen Datenbank erfordert, handelt es sich bei einer Suchmaschine, wie zB. der bekannten Internetsuche von Google um erweiterte Fähigkeiten. Dabei ist aber nicht die Ausführung der Suche selbst gemeint, sondern das befüllen der Datenbank. Während die Datenbank für die Rechtschreibprüfung eines Textverarbeitungsprogramms manuell mit Daten befüllt wird, durchsucht Google mit eigenen Maschinen alle Computer die ans Internet angebunden sind nach Daten, bewertet diese und speichert sie in seinen gigantischen Datenbanken. Hierfür ist erforderlich, dass die Suchroboter Webserver, Datenmuster, Inhaltstypen,… usw. erkennen, sortieren, vergleichen und speichern.
Hier liegt der Unterschied, denn nun muss die Maschine erstmals selbst Muster erkennen. Wir bleiben aber noch in Stufe I, denn in diesem Fall geschieht die Mustererkennung nach logischen Regeln (Algorithmen). Programmierer haben dem Computer zuvor gesagt, woran er erkennt, dass ein Bild ein Bild ist und ein Textdokument ein Textdokument. Anhand vorab definierter Kriterien ordnet der Computer das gefundene Dokument einer Kategorie zu, unter der er es abspeichert. Das ganze wirkt schon recht intelligent, ist aber trotzdem noch auf rein logischen Prozessen aufgebaut. Es ist (wenn auch nur mit großem Aufwand) absolut vorhersehbar, was die Maschine tut.
Weitere Anwendungsfälle sind Expertensysteme, die zB. aufgrund von ermittelten Symptomen mögliche Diagnosen treffen, oder Navigationssysteme, die nach gegebenen Algorithmen Wegstrecken berechnen und optimieren können, usw…
KI dieser Stufe ermöglicht es Computern große Datenmengen nach festgelegten Regeln zu sammeln und zu verarbeiten.

Stufe II a) Nun sind wir da angekommen, wo KI dem aktuelle Verständnis nach so richtig beginnt. Die Basis für das Wissen einer KI der Stufe II wird nun nicht mehr durch logische Regeln festgelegt (auch wenn die Ergebnisse logisch nachvollziehbar sein können), es wird nun auf Lernen und Erfahrungswissen gesetz. Möglich wird das ganze durch künstliche neuronale Netze. Sie entspringen der Idee, das menschliche Gehirn in Computern nachzubilden, um die Überlegenheit des Menschen gegenüber Maschinen im Erfahrungslernen zu brechen. Beschränkt auf einzelne Bereiche funktioniert das auch schon wunderbar.
Bilderkennung ist ein solcher Anwendungsfall. Es gibt keine logische Regel, wonach wir Bildern erkennen, zuordnen und bewerten, aber wir haben es von klein auf gelernt, erst von unseren Eltern später durch immer mehr Bilder, die wir vergeichen konnten und darauf aufbauend immer besser differenzieren können. Wir können nun auch eigene Bilder in unserem Kopf schaffen und gegebenenfalls auch zu Papier bringen. Wir können einem Kleinkind nicht erklären, was ein schönes Bild ist, wir können nur einzelne Bilder dem Begriff schön zuordnen und aufgrund von Erfahrung kann das Kind später das Wissen über Bilder übernehmen und weiter entwickeln.
Überlegungen zu künstlichen neuronalen Netzen gibt es nun auch schon seit Jahrzehnten, aber erst moderne Computerchips und Speicher sind effizient genug, um neuronale Netzwerke für praktische Anwendungsfälle einzusetzen. Hinzu kommt der Fortschritt der Forschung und die Möglichkeiten, die durch die Verbreitung des Internets entstanden.
KI dieser Stufe hat das Potential einen Turing-Test zu bestehen, was in Teilbereichen auch schon gelungen ist. Es handelt sich jedenfalls um ein Anwendungsgebiet, wo wir in den nächsten Jahren noch viel Neues erleben werden.

Stufe II b) Auch wenn viele bereits in KI der Stufe IIa von Deep Learning sprechen, sehe ich hier noch einen begrifflichen Unterschied, der aber Stand 2018 noch kein besonderes Gewicht hat, weil die praktische Anwendung noch in den Kinderschuhen steckt. Deep Leraning, also die Optimierung des Lernens künstlicher neuronaler Netzwerke, ermöglicht Maschinen das Lernen laufend neu zu lernen. Die Unterschiede sind doch sehr technisch, deswegen möchte ich in diesem Artikel nicht näher darauf eingehen, sie werden in der Zukunft aber bestimmt noch an Relevanz gewinnen.

Stufe III wird eintreten, wenn die Singularität erreicht wird und Computer nicht nur Probleme autonom lösen, sondern auch autonom entscheiden, mit welchen Problemen sie sich beschäftigen und welche Aufgaben sie zB als Teil einer Steuerungseinheit eines Roboters erledigen.
Das klingt nach etwas Science Fiction, ist aber vermutlich gar nicht so weit entfernt.

Damit wir dann keine bösen Überraschungen erleben, ist es wichtig, dass wir eine offene Diskussion um KI führen und die Zukunft in die richtige Richtung lenken, solange wir Einfluss darauf haben.

Abgrenzungen:

Künstliche Intelligenz beschränkt sich nach unseren Überlegungen auf das Lösen von Problemen im Sinne einer Entscheidung, oder Bereitstellung von selektierten Informationen. Sie sagt aber nicht, was damit geschehen soll, und führt auch keine Handlungen aus.

Roboter: Roboter sind keine KI. Roboter sind Maschinen, die Täigkeiten Ausführen. Ihre Steuerung kann dabei auf Künstliche Intelligenz setzen, sie können auch von Menschen gesteuert werden, oder ganz simple Programm-Anweisungen ausführen.

Chatbots: Hinter dem Begriff steht die Fiktion, dass man über einen Messenger-Dienst (chat) mit einem Roboter (bot) kommuniziert. Oft handelt es sich dabei aber bloß um Chats mit Webservern, auf denen einfache Frage-Antwort Schemen hinterlegt sind. Es gibt aber genauso Chatbots, die auf qualifizierte Expertensysteme zugreifen, oder mit KI der Stufe II interagieren.

--

--